Am 20. Juni starb der in Holzminden lebende und arbeitende Maler Hans Jürgen Thoms. Wolfgang Raddatz, ein befreundeter Künstlerkollege hat einen Nachruf in der Zeitung „Täglicher Anzeiger“ (Holzminden) verfasst.
Foto: Dorothea Essig-Bruch
Von Wolfgang Raddatz
Ein Menschenbildner der leisen Töne
Zum Tod des Holzmindener Malers Hans Jürgen Thoms
HOLZMINDEN Am 20. Juni ist in Holzminden unerwartet im Alter von 75 Jahren der Maler Hans Jürgen Thoms verstorben. Thoms, am 11. August 1948 geboren, stammte aus Duisburg, hatte in Essen an der Folkwang-Schule studiert und als Künstler viele Jahre in Berlin gelebt. Seit 2013 wohnte er in Holzminden. Hier hat er sich sehr bald der Kunstszene der Region angeschlossen. Nicht nur im Schloss Bevern, auch in der Arche in Hameln zeigte er seine großformatigen Bilder. Zuletzt präsentierte er seine Arbeiten im Frühjahr in der Ausstellung „Dreiklang“ im Weserrenaissance Schloss Bevern zusammen mit Wolfgang Raddatz und Michael Peter Schiltsky. Mit ihm verliert die Region einen bedeutenden Künstler.Wolfgang Raddatz hat ihm einen Nachruf gewidmet, der Hans Jürgen Thoms als Künstler und als Menschen eindrucksvoll würdigt.
In Erinnerung an Hans Jürgen Thoms
Das Atelier, ein heller, klar gegliederter, sparsam eingerichteter Raum. An der Wand ein Arbeitstisch, zwei Stühle, ein Regal. Die gegenüber liegende Wand wird durch einen weißen Vorhang verdeckt, davor eine leere Staffelei, Malutensilien, Farbspuren, ein sorgfältig über die Querstrebe gelegtes weißes Tuch. Der Künstler ist abwesend.
Hans Jürgen Thoms starb am 20. Juni plötzlich und unerwartet. Mit seinem Tod erfährt nicht nur seine Familie einen riesigen Verlust, sondern auch die regionale Kunst- und Kulturszene, in der der Künstler Hans Jürgen Thoms fest verortet war.
In Duisburg geboren, in Essen studiert, in Berlin gearbeitet
1948 in Duisburg geboren, erlernte er nach seiner Schulzeit den Beruf des Feinmechanikers. 1971 begann er das Stu- dium der visuellen Kommunikation an der Folkwangschule in Essen, das er 1977 erfolgreich abschloss. In den frühen 90er Jahren ging er als freischaffender Künstler nach Berlin. 2013 verließ das Ehepaar Thoms das hektische Berlin und fand seinen Altersruhesitz in Holzminden.
Der Künstler Hans Jürgen Thoms war schnell in der Kunstszene integriert. Es waren nicht nur seine qualitätvollen Arbeiten, sondern auch seine offene, bescheidene und feinsinnige Art, die ihn zu einem besonders geschätzten und geachteten Kollegen machte. Er genoss die Landschaft, das Licht, den Wechsel der Jahreszeiten, seine Bildthemen blieben aber von dem Ortswechsel unberührt. Hans Jürgen Thoms war weiterhin der kritische Realist, der Menschenbildner der leisen Töne.
Die Menschen genau beobachtet
Ihn interessierten die alltäglichen Schwächen, die Unzulaäglichkeiten und Ungeschicklichkeiten seiner Mitmenschen genau so wie Uberheblichkeit, Hass und dumpfe Gewalt. Wenn Hans Jürgen Thoms den einzelnen Menschen zeigte, so definierte er ihn immer auch als gesellschaftliches Wesen, dessen Defizite, Ängste und Verhaltensweisen das Ergebnis der konkreten gesellschaftlichen Lebensbedingungen sind. Bei aller Schärfe seiner Kritik blieb aber immer seine Empa- thie für den Menschen spürbar. Hass, Gewalt, Verachtung und Diskriminierung waren ihm fremd.
In den letzten zwei Jahren hat Hans Jürgen Thoms seine inhaltliche Palette um die Motive Tanz und Musik erweitert, was er wie eine Befreiung empfand. Es entstanden in kurzer Zeit Bildfolgen, die durchgängig das Gefühl der Leichtigkeit, der Einheit von Aktion und sinnlichem Erleben transportieren. Dieses positive Lebensgefühl, das Hans Jürgen Thoms als Mensch täglich gelebt hat, ließ er nun auch als Künstler zu und diese Arbeiten stehen nicht im Widerspruch zu seinem bisherigen Werk, sondem erscheinen wie konsequente Ergänzungen seines bisherigen Schaffens.
Ein positives Lebensgefühl
Ein Schlüssel für sein positives Lebensgefühl liegt sicherlich auch in seinen langen Griechenlandreisen vor und während seines Studiums. Er konnte begeistert von Nächten unter freiem Himmel am Strand berichten, von langen Wanderungen in einer archaisch anmutenden Landschaft, dem einfachen Essen, das immer wie eine Köstlichkeit empfunden wurde, der Offenheit, Fröhlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen und vom Anhalten der Zeit.
Es mutet fast unwirklich an, dass Hans Jürgen Thoms sein künstlerisches Werk mit einer Liebeserklärung an das Lebensgefühl des einfachen, griechischen Menschen abschließt. Seine letzte, nur wenige Tage vor seinem Tod fertiggestellte Arbeit zeigt die filmische Schlusseinstellung aus „Sorbas”. Der Grieche Sorbas und der britische Schriftsteller Basil tanzen nach dem vollständigen Scheitern all ihrer Pläne am Strand Sirtaki.